Donnerstag, 20. Februar 2014

Mentalitätsfrage

Eigentlich wollte ich heute auf den Vulkan Chaiten. Den ganzen gestrigen Tag war der Ausflug für 9:30 Uhr ausgeschrieben. Anmelden musste man sich nicht, einfach nur pünktlich da sein und unterwegs bezahlen. Da mein Wirt mir schon am Anfang eröffnet hatte, dass ich die letzte Nacht nicht mehr bei ihm schlafen könne, weil er dann schließe, war mein Plan, mein Gepäck beim Tourveranstalter unterzustellen und nach dem Vulkan eine neue Bleibe für eine Nacht zu suchen. Wecker gestellt, alles gepackt, gegenüber zum Tourveranstalter gegangen ... und dann diese Überraschung! Statt 9:30 Uhr stand jetzt 8 Uhr am Fenster, das war vor einer Stunde, und damit waren die Leute schon weg. Die Dame am Schalter verstand plötzlich kein Wort Englisch mehr, ich solle doch um 15 Uhr wiederkommen, wenn Nicolas da wäre. Der sagte mir dann, sie hätten das kurzfristig geändert, und morgen sei wohl keine Tour zum Krater geplant. Da war es dann mit der Kratertour. 4 Tage bin ich in diesem Kaff festgebunden, und trotz aller Bemühungen hat es nicht geklappt, obwohl das Wetter davon 3 Tage gut war. Das fällt mir schwer zu akzeptieren.

Beim Reisebüro Chaitur traf ich dann auch meinen chilenischen Glückspilz wieder, mit dem ich schon einige Busfahrten zusammen gemacht hatte. Futaleufu wäre toll, das Rafting klasse gewesen, und das Wasser gar nicht so kalt wie befürchtet. Allerdings würden er und sein Freund jetzt 6 Tage hier in Chaiten festsitzen, vorher ging nichts, weder Schiff noch Bus. Das wäre für mich schon der KO-Schlag gewesen, denn dann hätte ich es gar nicht mehr rechtzeitig nach Valparaiso schaffen können. Sie sind heute Nachmittag zu den Thermalquellen mit 41°C heißem Thermalwasser, und für Samstag haben sie den Vulkan anvisiert. Bei den zahlreichen Besuchen im Reisebüro konnte ich dann feststellen, dass das Lokal mit vermieteten Zimmern, in dem ich bisher gewohnt hatte, keineswegs geschlossen hatte, sondern munter weiter die Gäste bediente. Vielleicht betraf es nur die Gästezimmer, ich weiß es nicht, aber ich könnte mir auch vorstellen, dass der Wirt eine Vorbuchung hatte und mich deshalb nicht länger behalten wollte. Gegenüber Chilenen ist man als Aleman immer nur 2.Wahl, das habe ich schon öfters festgestellt.

Das Hotel war ausgebucht, aber schließlich fand ich ein Hospedaje am Ortsrand. 10000 CLP für ein Doppelzimmer, verstand ich. Ich stellte meinen Rucksack rein und ging noch einmal zum Reisebüro und spazieren. Als ich wiederkam, zeigt die Wirtin mir ein Dreibettzimmer ohne Steckdosen, da müsste ich rein. Das andere würde jetzt 20000 CLP kosten. Wollte ich zwar nicht, aber was blieb mir übrig, wenn ich nicht erneut mit dem Rucksack auf Suche gehen wollte. Etwas später kamen dann 2 chilenische Radfahrer, die aus Puerto Montt hierhergeradelt waren und mit mir das Zimmer teilten. Die sprachen ganz gut Englisch und waren auch ganz nett. Zusammen mit einigen Spaniern aßen wir zu Mittag, Eintopf mit Wurst, Nachtisch und Cafe für 5000 CLP. Scheint der Einheitspreis zu sein, der Fisch hat genauso viel gekostet. Die beiden Radfahrer waren eigentlich ganz offen, schimpften über Pinochet, aber als ich ihnen meine bisherige Reise vorstellte, kam etwa diese Antwort: Punta Arenas, oh, sehr schön, Torres del Paine, super, die große Runde, Perito Moreno Gletscher, schiit, ist Argentinien. Sie erklärten mir noch, dass sich Chilenen und Argentinier nicht besonders leiden können. Aber sie hatten dieselben Vorurteile wie die meisten andern Chilenen auch.

Ich bin dann noch ein wenig am Meer herummarschiert und den Rio Blanco hoch, aber irgendwie bin ich mit diesem Kaff fertig, mein einzige Interesse ist nur, wie komme ich hier möglichst bald weg. Später rief ich dann noch bei Ulli an, um meine Geburtstagswünsche auch persönlich loszuwerden und nicht immer nur per email. Sie hatte gerade eine größere Frauengruppe daheim zum Feiern, und morgen will sie zu den Drecksäcken, einem Mainzer Karnevalsprodukt mit etwas mehr Niveau, meistens wenigstens. Der Clou ist ein riesiges Stoffschwein, das zwischen den Darbietungen im Zuschauersaal durchgereicht wird. Gerade, wenn man in der Einöde so festhängt wie ich derzeit, wird einem bewußt, dass es auch daheim so einiges gibt, was man vermisst. Und während in andern Ländern einem diese Form von Heimweh durch ausgesprochene Gastfreundschaft und Freundlichkeit leicht genommen wird, empfinde ich die Chilenen eher auf sich selbst bezogen, geschäftstüchtig und Fremden gegenüber wenig aufgeschlossen. Das liegt auch an meinen fehlenden Spanisch-Kenntnissen, klar, aber es liegt vor allem in der Mentalität der Chilenen.

Ich werde später noch einmal zum Reisebüro gehen, vielleicht tut sich ja morgen noch etwas hinsichtlich Vulkan. Das Schiff geht erst um 16 Uhr, da wäre noch Spielraum. 
die beiden wollen auf ihren chinesischen Rennsemmeln bis Villa O'Higgins

Rio Blanco mit Vulkan Chaiten im Hintergrund

Schieflage

der Staubsauger steht noch

Hochkonjunktur am Reisebüro

gestern saß der noch beim Trochnen

auf dem Mittelstreifen schmeckt es am besten

das war mal das Meer

selbst Häuser wurden hierher mitgespült

statt Yachthafen nun verlandetes Delta

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